this post was submitted on 07 Jul 2023
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Und in ein paar Jahren heißt es dann "In der Nachkriegszeit ging es den Leuten schlechter als heute, also jammert nicht." Ich bin halt keine 40 und die Reallöhne sind in meinem Leben einfach gesunken. Das kann man auch nicht schön reden, indem man sagt, die Dinos hätten es schlechter gehabt. Es erklärt einfach nicht, warum es Zeit meines Lebens bisher schlechter wurde. Die zunehmende Ungleichheit kaschiert auch noch wie schlecht es den unteren 50% tatsächlich geht, denn deren Reallöhne sind seit langer Zeit im Tiefflug und werden vom obersten 10% in der Statistik fast wieder aufgefangen. Also ja, sinkende Löhne sind absolut ein Problem der Massen und nicht nur gejammer.
Sie sind im letzten Jahr gesunken. Aber ich denke mal, du wurdest vor 2021 geboren, also wird das für dein Leben nicht stimmen. Zunächst einmal: So heftig ist der Ungleichheitseffekt bei Arbeit gar nicht. Die zunehmende Ungleichheit begründet sich eher aus Kapitaleinkünften, aber die sind gar nicht in der Statistik. Außerdem gibt es auch Gründe zu behaupten, die Reallohnstatistik wäre zu pessimistisch. Sie berücksichtigt z.B. auch Teilzeitbschäftigte. Für Menschen in Vollzeit (also das traditionelle Alleinverdienermodell) sieht sie positiver aus. Die Haushaltseinkommen sind jedenfalls auch für den Median gestiegen (und die Haushaltsgröße ist gesunken, das ist also wirklich ein positives Zeichen).
Das was ich "Gejammer" nenne, hat sogar einen Namen: Rosy Retrospection. Menschen überschätzen tendenziell wie schön es früher war.
Bitte verstehe mich nicht falsch: Wir haben hier Probleme. Ungleichheit ist auch ein Problem, wenn sie sich auf ungerechter Verteilung der Gewinne und nicht der Verluste bezieht und da habe ich noch gar nicht mit dem ökologischen Rattenschwanz angefangen. Nur bringt es halt nichts, sich da noch zusätzliche Probleme auszudenken.